Soja: potenzieller Held oder Bösewicht für deine Gesundheit?
Noch immer gilt Soja als DIE pflanzenbasierte Proteinquelle und ist nicht nur bei Veganern und Vegetariern beliebt. Kein Wunder, die Produktpalette ist riesig und je nach Herkunft sind diese auch verhältnismässig günstig. Zu den bei uns beliebtesten Erzeugnissen gehören Sojamilch und -joghurt, Tofu, Tempeh, Edamame, Proteinshakes und -riegel, Eis und Fleischersatz-Produkte.
Doch was lange Zeit als gesunde Alternative galt, gerät zunehmend in Verruf. Immer wieder tauchen widersprüchliche Berichte über die Sicherheit von Soja tauchen auf. Neben Erkrankungen der Schilddrüse und gentechnisch veränderte Organismen ist auch die Rede von Brustkrebs und schädlicher Säuglingsnahrung.
Was ist dran an den Gerüchten und wie gesund ist Soja wirklich?
Was ist Soja
Die Sojabohne gehört zur Gattung der Hülsenfrüchte und muss für den Verzehr gegart oder verarbeitet sein.Die Weltgesundheitsorganisation hat Soja als hochwertiges Protein eingestuft, das den gesamten Bedarf des Menschen an essenziellen Aminosäuren decken kann. Soja ist bekannt für seinen hohen Proteingehalt bei gleichzeitig hoher biologischer Wertigkeit.
Der Aminosäuren Index (kurz: PDCAA) beschreibt die Qualität von Proteinen, wobei 1,0 die höchste Punktzahl ist, die ein Protein erreichen kann. Sojabohnen enthalten bis zu 48% Eiweiss mit einem PDCAA-Wert knapp unter 1,0. Sojaproteinisolat weist sogar einen Wert von 1,0 auf.
Auch das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren in Sojabohnen lässt sich sehen. Mit 1:7 ist es weit besser aufgestellt als Sonnenblumen- und Erdnussöl mit einem Verhältnis von 1:100+. Sojabohnen enthalten eine Mischung aus langsam verdaulichen Kohlenhydraten, Ballaststoffen und andere Stärken, die das Wachstum gesunder Bakterien im Darm fördern können.
Zudem ist Soja reich an Folsäure, Vitamin E, B1 und B6. Und enthält neben den Mineralstoffen Kalium und Kalzium auch viele Spurenelemente wie Zink, Eisen Fluorid, Selen und Kupfer. Darüber hinaus besitzt Soja viele sekundäre Pflanzenstoffe, die für ihre antioxidative, entzündungshemmende und immunmodulierende Wirkung bekannt sind. (siehe hierzu den nachfolgenden Abschnitt)
Phytoöstrogene im Soja: Der Grund für die umstrittene Wirkung
Hunderte von Lebensmitteln, wie auch Soja, enthalten Phytoöstrogene (PEs), die auch als Isoflavone bekannt sind. Diese Isoflavone können je nach Gewebe eine östrogene, antiöstrogene oder keine Wirkung haben. Beides beeinfluss die Gesundheit positiv. Doch PEs bilden auch die Grundlage für einen Grossteil der aktuellen Soja-Kontroverse.
Eine herkömmliche tägliche Sojaaufnahme liegt allerdings weit unter der Menge, die für eine nachteilige Beeinflussung des Hormonspiegels erforderlich ist. Dennoch bleibt die Wirkung von PEs nach dem Verzehr unklar und kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Hohe PE-Spiegel können sich negativ auf den Hormonspiegel auswirken und den Muskelaufbau und Fettabbau beeinträchtigen, insbesondere bei extrem hohen Mengen.
In diverse Studien konnte jedoch kein signifikanter Einfluss von Soja oder Isoflavonen auf den Testosteron- oder Östrogenspiegel nachgewiesen werden. Vielmehr deuteten die Studien darauf hin, dass typische Aufnahmemengen weder den weiblichen Hormonhaushalt negativ beeinflussen noch Männer feminisieren oder deren Spermienqualität beeinträchtigen.
Wie immer gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift.
Weitere Theorien über die gesundheitsfördernde Wirkung von Soja
1. Soja und Herzgesundheit
Einige Studien belegen, dass Sojaprotein die Gesamtcholesterinkonzentration im Körper reduziert. Wobei lediglich das LDL-Cholesterin gesenkt wird, während das gesundheitsfördernde HDL-Cholesterin erhalten bleibt. Allerdings gibt es auch Studien, die diesen Effekt nicht bestätigen. Dennoch ist festzuhalten, dass sich Sojaprodukte keinesfalls negativ auf deine Herzgesundheit auswirken.
2. Soja und Krebs
Prostatakrebs ist in Ländern mit regelmässigem Sojakonsum gering. Studien nach Nagetieren haben haben ergeben, dass PEs die Entwicklung von Prostatakrebs und die Metastasierung von Prostatatumoren hemmen.Allerdings ist die wissenschaftliche Lage dahingehend noch nicht ausgereift und bedarf weiterer Forschungsarbeit.
Der Verzehr von Soja und PE scheint die Gebärmutterschleimhaut bei prämenopausalen Frauen nicht zu beeinträchtigen, obwohl im Brustgewebe schwache östrogene Wirkungen festgestellt wurden. Studien an Frauen haben zumeist positive Auswirkungen auf die Krebsprävention gezeigt, wenngleich das Ausmass gering und von vager Bedeutung ist. Ist jemand bereits an Krebs erkrankt, ist es wichtig zu wissen, ob der Krebs Östrogenrezeptor-positiv ist. In diesem Fall sollten Lebensmittel mit einem höheren PE-Gehalt gemieden werden.
3. Soja lindert Beschwerden in den Wechseljahren
Die im Soja enthaltenen Phytoöstrogene können Östrogenrezeptoren aktivieren oder hemmen und so die Östrogenaktivität reduzieren. Diesen Effekt nutzt einige, um Wechseljahres-Beschwerden von Frauen zu erleichtern.
4. Soja und Knochen
Eine Meta-Analyse (bei Frauen) zeigte einen signifikanten Nutzen von Sojabohnen für die Knochendichte der Wirbelsäule, insbesondere wenn sie in höheren Dosen und über einen längeren Zeitraum verabreicht wurden.
Eine zweite Meta-Analyse zeigte, dass PEs die Knochenbildung signifikant steigern und den Knochenabbau verringern. Das bedeutet, dass Soja-PEs hilfreich für die Knochen sein könnten.
5. Soja und Körperzusammensetzung
Eine Vergleichsstudie ergab, dass Personen gleich viel Gewicht verloren – unabhängig, ob sie Sojaprotein oder Mahlzeiten aus Milch, Rind- oder Schweinefleisch in gleicher Kalorienmenge zu sich nahmen.
Sojaprotein-Nahrungsergänzungen im Rahmen eines vernünftigen Trainingsprogramms und einer abwechslungsreichen, kalorienreichen Ernährung wirken ähnlich wie andere Protein-Nahrungsergänzungen: Zunahme der fettfreien Körpermasse, Verringerung der Stresshormon-Reaktionen auf das Training und Verbesserung der Leistung.
6. Soja und die Nieren
Obwohl Sojaprotein von hoher Qualität ist, scheint es nicht die gleiche Wirkung auf die Nierenfunktion zu haben wie tierische Proteine. Wenn dein Arzt oder du noch immer Bedenken wegen der proteinreichen Mahlzeiten hat, kannst du ja zur Sicherheit etwas Soja untermischen. 😉
7. Soja und Anti-Nährstoffe
Sojalebensmittel enthalten Trypsininhibitoren und Phytinsäure, die die Nährstoffaufnahme hemmen können. Allerdings werden diese Stoffe durch Kochen und Fermentation deaktiviert. Daher ist es unwahrscheinlich, dass der Verzehr von gekochten und fermentierten Sojalebensmitteln die Aufnahme von Proteinen und Mineralien hemmt.
Was du noch über Soja wissen solltest
Die Sojabohne hat ihren Ursprung in China. 1765 gelangte sie nach Nordamerika, wo sie zu Tierfutter verarbeitet wurde. Erst im 19.Jahrhundert wurde Soja als Nahrung für den Menschen interessant.
Aufgrund steigender Nachfrage begann man Mitte der 90er Sojabohnen gentechnisch zu verändern und mit Glyphosat zu behandeln. Die Pflanzen sollten widerstandsfähiger werden und weniger Ausschuss verursachen. Doch Glyphosat ist das meistverkaufte Pestizid der Welt und gerät wegen seiner krebsverursachenden Wirkung immer wieder in Verruf.
Achte deshalb auf den Ursprung deiner Sojaprodukte. Europa hat den Anbau von gentechnisch-veränderten Sojapflanzen bereits verboten. Mit bio-zertifizierten Produkte reduzierst du zudem die Aufnahme von gesundheitsschädigenden Pestiziden.
Entgegen der weiten Meinung gehört Soja in den wenigsten asiatischen Küchen zum Grundnahrungsmittel. Menschen in Ostasien verzehren gerade mal 40 bis 90g durchschnittlich pro Tag. Dabei handelt es sich um die gesamten Sojazufuhr und nicht etwa dem reinem Sojaprotein. Die genannte Menge liefert etwa 10 bis 20g von diesem.
Sojalebensmittel sind oft nur Beilage zum Hauptgericht. Meist in Form von „Vollwertkost“ wie Edamame oder fermentiert wie Miso, Tofu, Natto und Sojasauce. In der westlichen Welt hingegen wird Soja meist stark verarbeitet. US-Lebensmittelhersteller haben über 2.700 neue Soja-Lebensmittel auf den Markt gebracht. Und auch in der DACH-Region existieren mehrere hundert verschiedene Sorten.
Diese Formen von verarbeitetem Soja sind das, was die meisten Menschen mit Sojakonsum gleichsetzen – im Gegensatz zu den Vollwertprodukten und fermentierten Formen in der traditionellen asiatischen Küche.
Fazit und Verzehrempfehlung
Obwohl einige Studien nur begrenzte oder widersprüchliche Ergebnisse zeigen, kann Soja nach wie vor als unbedenklich eingestuft werden – sofern die Aufnahmemengen sich im moderaten Rahmen bewegen. 1-2 Portionen Soja pro Tag scheinen eine sichere und potenziell gesunde Aufnahme zu sein. Eine Portion ist z.B. 1 Tasse Sojamilch oder etwa 100g Tofu / Tempeh / Sojabohnen. Mehr als 3 Portionen pro Tag auf regelmässiger Basis sollten es jedoch nicht sein.
Mit ganzen, unverarbeiteten Lebensmitteln machst du in der Regel kaum etwas falsch. Probleme treten typischerweise bei verarbeiteten Lebensmitteln auf, was ja bei allen Formen der Fall ist. Isolierte und stark raffinierte Formen von Soja (wie Sojaisolate, Sojakonzentrate, texturiertes Sojaprotein usw.) solltest du weitestgehend vermeiden. Ganze Sojabohnen, Sojamilch, Tofu, Tempeh und Miso sind hingegen die bessere Wahl.
Denn bei der Verarbeitung von Soja werden Ballaststoffe, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine, Mineralien und viele andere nützliche Pflanzenstoffe entfernt – zurück bleibt meist nur das reine Sojaprotein. Vollwertige Produkte sind demnach also immer gesünder.
Abschliessend kann ich sagen, dass Soja in Bezug auf die Krankheitsvorbeugung weder etwas Besonderes ist noch extrem schädlich für dein Streben nach optimaler Gesundheit, Körperform oder Leistung ist. Dennoch warne ich – wie bei allem – vor einem übermässigen Sojakonsum.
Dein Coach Michael, online Personal Coach & Personal Trainer aus Zürich